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Neues Kreislaufwirtschaftsgesetz in Kraft

Seit 1. Juni 2012 werden insbesondere die Anzeige- und Erlaubnispflichten für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen neu geregelt. Vollzugshinweise zu den §§ 53 bis 55 des neuen Kreislaufwirtschaftzsgesetzes sollen helfen, die neuen Bestimmungen zu erläutern und die bei der Anwendung des neuen Rechts auftauchenden Fragen zu beantworten.

Die Vollzugshinweise sind im Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erarbeitet und abgestimmt worden. Diese Arbeitsgruppe setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern der für das Abfallrecht zuständigen Ministerien des Bundes und der Länder, einiger Vollzugsbehörden der Länder (einschließlich einzelner auch für den Vollzug zuständiger Sonderabfallentsorgungsgesellschaften der Länder), der Länderarbeitsgruppe GADSYS (Gemeinsame Abfall-DV-Systeme) sowie der IKA (InformationsKoordinierende Stelle) des Länderarbeitsgruppe GADSYS zusammen.

Eckpunkte des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes


I. Anlass und Ziel:

Mit dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) wird die EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG, AbfRRL) in deutsches Recht umgesetzt und das bestehende deutsche Abfallrecht umfassend modernisiert. Ziel des neuen Gesetzes ist eine nachhaltige Verbesserung des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Ressourceneffizienz in der Abfallwirtschaft durch Stärkung der Abfallvermeidung und des Recyclings von Abfällen. Gleichzeitig soll durch die Übernahme EU-rechtlicher Begriffe und Definitionen sowie die Präzisierung zentraler Regelungen die praktikable und rechtssichere Anwendung des Gesetzes erleichtert werden. Zudem werden unnötige Bürokratielasten abgebaut und verschiedene Regelungen vollzugstauglicher ausgestaltet.

II. Zentrale Inhalte:

1. EU-rechtlich harmonisierte Begriffsbestimmungen

Ein neuer Anwendungsbereich (§ 2 KrWG) und EU-rechtlich harmonisierte Begriffsbestimmungen (§ 3 KrWG) sorgen für mehr Rechtssicherheit und eine erleichterte Anwendung des Gesetzes. Darüber hinaus gibt es erstmals Regelungen zu den praxisrelevanten Fragen der Abgrenzung von Abfall und Nebenprodukt (§ 4 KrWG) sowie zum Ende der Abfalleigenschaft (§ 5 KrWG). Das Gesetz legt auf der Grundlage des EU-Rechts auch fest, ob eine Müllverbrennungsanlage den "Verwerterstatus" erhält.

2. Fünfstufige Abfallhierarchie

  • Kern des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist die neue fünfstufige Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) und ihre Umsetzung im bisherigen Grundpflichtenmodell (§§ 6 bis 8 KrWG). Die neue Hierarchie legt die grundsätzliche Stufenfolge aus Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Recycling und sonstiger, u.a. energetischer Verwertung von Abfällen und schließlich der Abfallbeseitigung fest. Vorrang hat die jeweils beste Option aus Sicht des Umweltschutzes. Dabei sind neben den ökologischen Auswirkungen auch technische, wirtschaftliche und soziale Folgen zu berücksichtigen. Die Kreislaufwirtschaft wird somit konsequent auf die Abfallvermeidung und das Recycling ausgerichtet, ohne etablierte ökologisch hochwertige Entsorgungsverfahren zu gefährden.
  • Die Umsetzung der Hierarchie in den Stufen Vermeidung, Verwertung, Beseitigung ist bereits durch das Gesetz vorgegeben. Die Festlegung des Vorrangs einer Verwertungsart (Wiederverwendung, Recycling und sonstiger, u.a. energetischer Verwertung) gegenüber den Abfallerzeugern und -besitzern wird in erster Linie durch abfallspezifische Rechtsverordnungen erfolgen. Hierdurch kann für einzelne Abfallarten die jeweils beste Verwertungsoption vorgegeben werden. Die bestehenden Verordnungen werden derzeit am Maßstab der Hierarchie überprüft. Da nicht für alle relevanten Abfallarten zeitnah Verordnungen erlassen werden können, übernimmt das Kreislaufwirtschaftsgesetz das bereits im geltenden Recht festgelegte Heizwertkriterium von 11.000 kJ/kg als Auffang- und Übergangsregelung. Der bislang starre Heizwert wird jedoch flexibilisiert: So kann eine energetische Verwertung auch unterhalb des Heizwertes erfolgen, wenn sie im konkreten Fall den Schutz von Mensch und Umwelt im Vergleich zu den anderen Optionen am besten gewährleistet. Andererseits kann auch trotz Vorliegens des Heizwertes ein Recycling oder eine Wiederverwendung gefordert werden, wenn dies die bessere Verwertungsoption ist.

3. Abfallvermeidung

  • Die Produktverantwortung ist als Grundsatz aus einer modernen Abfallwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist das Prinzip mittlerweile auch im europäischen Recht verankert. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz behält die Regelungen zur Produktverantwortung deshalb bei (vgl. §§ 23 ff KrWG) und setzt ein Signal zur Fortentwicklung der Verpackungsverordnung hin zu einer einheitlichen haushaltsnahen Wertstofferfassung.
  • Mit Blick auf die notwendige Steigerung der Ressourceneffizienz sind die Ansätze und Instrumente der Abfallvermeidung dynamisch und kontinuierlich fortzuentwickeln. Nach der AbfRRL sind durch die Mitgliedstaaten bis 2013 Abfallvermeidungsprogramme zu erstellen, in denen Abfallvermeidungsziele formuliert, bestehende Abfallvermeidungsmaßnahmen zusammengestellt und evaluiert sowie darauf aufbauend neue Maßnahmen konzipiert werden. Hierdurch soll die Abfallvermeidungspolitik gestärkt und gegenüber den Bürgern transparenter gemacht werden. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz verpflichtet primär den Bund zur Erstellung eines Abfallvermeidungsprogramms, an dem sich die Länder mit Beiträgen ihres eigenen Verantwortungsbereiches beteiligen (§ 33 KrWG). Der bürokratische Aufwand für die Programmerstellung wird hierdurch minimiert.


4. Verbesserung der Ressourceneffizienz – Verstärkung des Recyclings

Um die Ressourceneffizienz der Abfallwirtschaft zu verbessern, werden die Vorgaben für das Recycling verstärkt:

  • Über die Vorgaben der AbfRRL hinaus soll bis 2020 für Siedlungsabfälle insgesamt eine Recyclingquote von mindestens 65% (statt der EU-Vorgabe von 50% für Papier, Metall, Kunststoff und Glas) sowie für Bau- und Abbruchabfälle eine stoffliche Verwertungsquote von mindestens 70% erreicht werden (§ 14 KrWG). Durch diese Quoten werden die nationalen Erfolge der Kreislaufwirtschaft gesichert und Impulse zur Fortentwicklung gegeben. Die - teilweise über den EU-Vorgaben liegenden - Quoten berücksichtigen sowohl das in Deutschland bereits bestehende Recyclingniveau als auch die wirtschaftliche Realisierbarkeit, sie schaffen dabei für alle Beteiligten eine erhebliche Transparenz. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung bis Ende 2016 überprüfen, ob die Zielquote für Bau- und Abbruchabfälle noch gesteigert werden kann.
  • Das Recycling wird durch umfassende Getrennthaltungspflichten gefördert und gesichert. Neben den schon bislang festgelegten allgemeinen Getrennthaltungspflichten (§ 9 Abs. 1 und § 15 Abs. 3 KrWG) gilt für gefährliche Abfälle in Zukunft ein grundsätzliches Vermischungsverbot (§ 9 Abs. 2 KrWG).
  • Bis 2015 soll darüber hinaus flächendeckend die getrennte Sammlung von Bioabfällen (§ 11 Abs. 1 KrWG) sowie von Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfällen (§ 14 Abs. 1 KrWG) eingeführt werden. Ziel ist es, das hohe Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizienter zu erschließen. Hierbei werden technische und wirtschaftliche Belange angemessen berücksichtigt.
  • Neu ist schließlich die gesetzliche Absicherung der von der Privatwirtschaft organisierten freiwilligen Qualitätssicherungssysteme für die Bioabfall- und Klärschlammverwertung (§ 12 KrWG). Qualitätssicherungssysteme sind in diesem Bereich seit mittlerweile 20 Jahren etabliert und genießen eine hohe Akzeptanz. Umso wichtiger ist es, dass die Beteiligten künftig auf einer gesicherten rechtlichen Grundlage agieren können.

5. Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallbeseitigung

  • Die umweltverträgliche Beseitigung von Abfällen stellt seit langem einen wichtigen Eckpfeiler der deutschen Abfallwirtschaft dar und wird auch in Zukunft das Fundament für eine anspruchsvolle Kreislaufwirtschaft bilden. Die rechtlichen Grundlagen der Abfallbeseitigung (§§ 15 und 16 KrWG) und insbesondere des Deponierechts (§§ 28 ff. KrWG) haben sich in den letzten Jahrzehnten bewährt und sind daher im Rahmen der Novelle weitgehend unverändert geblieben.

6. Absicherung der "dualen Entsorgungsverantwortung" von privater und öffentlich-rechtlicher Entsorgung

Während einerseits die gewerblichen Erzeuger und Besitzer von Abfällen nach dem Verursacherprinzip grundsätzlich selbst für die Entsorgung ihrer Abfälle verantwortlich sind, tragen die Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach dem Prinzip der Daseinsvorsorge die Verantwortung für die Entsorgung der Abfälle aus privaten Haushalten und von Abfällen zur Beseitigung aus sonstigen Herkunftsbereichen. Diese Aufgabenteilung hat sich bewährt und wird im Kreislaufwirtschaftsgesetz fortgeführt. Zur EU-rechtlichen Absicherung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsverantwortung werden die kommunalen Überlassungspflichten für Haushaltsabfälle nach den Vorgaben des EU-Rechts präzisiert:

  • Die Möglichkeit für private Haushalte zur Eigenverwertung auf dem eigenen Grundstück wird klarer formuliert (§ 17 Abs. 1 KrWG).
  • Die im Vermittlungsausschuss finalisierten Neuregelungen zur gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 3 KrWG) tragen EU-rechtlichen Vorgaben Rechnung und berücksichtigen die gegenläufigen Interessen der kommunalen und privaten Entsorgungswirtschaft in angemessener Weise. Gewerbliche Sammlungen finden zukünftig auf der Grundlage eines fairen Wettbewerbs um die optimale Erfassung und Verwertung werthaltiger Haushaltsabfälle statt: Gewerbliche Sammlungen dürfen die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht gefährden und auch deren Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nicht wesentlich beeinträchtigen. Besonderer Schutz gilt dabei hochwertigen kommunalen Erfassungssystemen, der Gebührenstabilität sowie einem transparenten Ausschreibungswettbewerb. Gewerbliche Sammlungen können sich gegenüber kommunalen Belangen jedoch durchsetzen, wenn sie wesentlich leistungsfähiger als die kommunalen Erfassungssysteme sind. Die ordnungsgemäße Tätigkeit der gewerblichen Sammlungen wird durch ein neues Anzeigeverfahren (§ 18 KrWG) gewährleistet. Die neuen Regelungen stellen die kommunale Entsorgung auf eine EU-rechtssichere Grundlage, fördern das Recycling und sichern ein hochwertiges Serviceniveau für Bürgerinnen und Bürger. Das Gesetz stellt die Weichen für effiziente und verbraucherfreundliche Sammelsysteme – unabhängig von der Frage der kommunalen oder privaten Zuständigkeit.

7. Bürokratieabbau und effizientere Überwachung

Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz wird die behördliche Überwachung effizienter gestaltet:

  • Die Regelungen zur behördlichen Überwachung (§§ 47 ff. KrWG) sind an die Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie angepasst und an vielen Stellen zur Steigerung der Effizienz der Überwachung verbessert worden. Hierzu gehört auch die Neustrukturierung der Bußgeldvorschriften einschließlich der Erweiterung des Bußgeldrahmens (§ 69 KrWG).
  • Die Anzeige- und Erlaubnispflichten (§§ 53 und 54 KrWG) für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen werden unter Ausrichtung am Gefahrenpotential der Abfälle neu geordnet. Umfassende Verordnungsermächtigungen bieten die Grundlage dafür, dass die bisherige Transportgenehmigungsverordnung zu einer für alle Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen geltende Verordnung ausgebaut werden kann. Schließlich enthält auch die Zertifizierung von Entsorgungsfachbetrieben ein schärferes gesetzliches Profil (§§ 56 und 57 KrWG). Die neuen Regelungen bauen auf dem bewährten System der beiden Zertifizierungswege über technische Überwachungsorganisationen oder Entsorgergemeinschaften auf, schaffen jedoch darüber hinaus die Grundlagen für eine weitere Qualitätsverbesserung der Zertifizierung, eine effizientere Kontrolle und behördliche Sanktionen bei Zertifikatsmissbrauch. Auch hier gilt es, die bestehende Entsorgungsfachbetriebeverordnung mittelfristig fortzuentwickeln.

III. Weiterer Zeitplan


Nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt am 29. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) wird das Gesetz in seinen wesentlichen Bestimmungen am 1. Juni 2012 in Kraft treten. § 72 KrWG enthält allerdings detaillierte Übergangsvorschriften, um in bestimmten Bereichen schonend in den neuen Rechtszustand überzuleiten.

 

Quelle: BMU Pressedienst

 




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